Kleine Bezirksgeschichte

Eindeutige Hinweise auf das heutige Simmering in Wien gibt es erst ab etwa 1130 in den Büchern des Stiftes Klosterneuburg, das die Grundherrschaft über diesen Raum besaß. Dabei tauchten verschiedene Schreibweisen des Ortsnamens auf, wie Simmaninngen, Simmanin, Symaningen, Symoningen, Simonig und Symaning.

Mit Ausklang des 19. Jahrhunderts drängte unaufhaltsam die räumliche und wirtschaftliche Entwicklung Wiens zur Vereinigung mit den Vororten, die außerhalb des Linienwalls lagen. Im Jahre 1890 wurden 40 bisher selbständige Gemeinden in den Verband der Stadt Wien aufgenommen und erhielten die Bezirksbezeichnung 11 bis 19. Simmering und Kaiser-Ebersdorf wurden zu einem Verwaltungsbezirk zusammengeschlossen. Am 21. Dezember 1891 erhielt das Gesetz seine Rechtswirksamkeit. Am 1. Jänner 1956 kam noch das einstige Fischerdörfchen Albern, das schon seit dem Jahre 1938 dem Wiener Stadtverband angehört, zu Simmering.

Bezirkswappen

Der Bezirk Simmering entstand aus den Orten Kaiser Ebersdorf, Albern und Simmering. Daher setzt sich das Bezirkswappen auch aus den Symbolen dieser Orte zusammen. Das „S“ für Simmering fand schon seit 1615 im Gemeindesiegel von „Symmanningen“ Verwendung. Von Kaiser Ebersdorf wurde das Einhorn Übernommen, das die Herren von Ebersdorf bereits im Mittelalter in ihrem Familienwappen führten. Die gekreuzten Fische sind das Symbol für den Ort Albern, dessen Bewohner in früheren Zeiten ausschließlich vom Fischfang lebten. 1891. Simmering und Kaiserebersdorf kommen als 11. Bezirk zu Wien. Albern kommt als dritter Teil zum 11. Bezirk.

Die falsche Nummer

Simmering ist der 11. Bezirk von Wien. Genau genommen trägt Simmering eine falsche Nummer, gemäß dem Wiener System der Bezirksnummerierung müsste es der zehnte sein. Die Nummerierung erfolgt nämlich im Uhrzeigersinn. Um den 1. Bezirk liegt der innere Ring der Bezirke 2 bis 9. Im äußeren Ring entsprechen nur die Bezirke 12 bis 21 dieser Logik, die Bezirke 10 und 11 sind vertauscht. Das hat natürlich historische Gründe: Der 10. Bezirk, Favoriten, wurde bereits 1874 gebildet. Die Gemeinden Simmering und Kaiser Ebersdorf kamen erst 1890 gemeinsam mit 41 anderen Vororten zu Wien. Sie wurden – mit kleinen Teilen von Albern, Schwechat und Kledering – zum 11. Bezirk zusammengefasst. 1955 kam der Ort Albern zum 11. Bezirk. 

Awarenzeitliches Gräberfeld

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Die ersten Nachrichten von Awarengräbern in Simmering stammen aus den Jahren 1928 und 1933. Erst im Zuge von Straßenbauarbeiten systematisch in Angriff genommenen Grabungen lieferten jedoch den Beweis, daß unter dem sogenannten Kelleracker (in der früheren Mühlsangergasse, heute Csokorgasse) der größte Friedhof der Frühgeschichte Wiens liegt. Bis 21. Oktober 1977 konnten insgesamt 705 Awarengräber geöffnet werden. Das Gräberfeld war vom beginnenden 7. bis späte 8. Jh. belegt worden. – Bei der Verbauung des Kellerackers 1971, Freilegung des Awaren Friedhofes mit 705 Gräbern, 192 Frauen 137 Männer und 246 Kindergräber, 130 sind nicht identifiziert. Viele Grabbeigaben wurden gefunden – Töpfe, Speisereste, Arbeitsgeräte, Frauenschmuck. 99 Männer waren mit ihren Waffen bestattet worden, vier – offenbar besonders hochgestellte – sogar mit ihren Pferden, einer davon auch mit seinem Hund. Einige Gräber waren bereits geplündert.  ( Awaren  mongolisches Reitervolk, 6. Jahrhundert).

21-037od=04-II-CD-co     Bez.Museum, Awarengrab, Mädchen ca.6 Jahre alt.
21-037oh=04-II-CD-co     Bez.Museum, Awarengrab mit Beigaben
21-037oi=04-II-CD-co      Bez.Museum, Awarengrab, Kopf mit Oberkörper
21-037oj=04-II-CD-co      Bez.Museum, Awarengrab, Beckenbereich
21-037ok=04-II-CD-co     Bez.Museum, Awarengrab, Beckenknochen mit Schmuckstücke

Bei den Grabungen im Bereich Csokorgasse- Sängergasse stieß man 1976/77 auch auf Siedlungsspuren aus der Zeit der Urnenfelderkultur (um 1000 vor Christi).

Napoleon in Simmering und Ebersdorf

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Am Beginn des 19. Jahrhunderts erlebten die beiden Orte allerdings die Schrecken des Krieges. Zweimal, 1805 und 1809, wurde Wien von den Truppen Napoleons besetzt.

1805 dürfte die Besetzung von Simmering und Ebersdorf nur wenige Tage gedauert haben. Wie es damals üblich war, mußten die Dörfer die fremden Soldaten beherbergen und verpflegen, wobei die Soldaten nicht zögerten, sich zu nehmen, was sie haben wollten.

Viel dramatischer verlief die Entwicklung im Jahre 1809. Am 13. Mai wurde Wien von den Truppen Napoleons besetzt. Am linken Donauufer sammelte Erzherzog Karl die österreichischen Truppen, um ein weiteres Vordringen der Franzosen in Richtung Böhmen zu verhindern.

Napoleon entschied sich für den Angriff auf diese Armee. Sein Problem war es, wie seine Truppen über die Donau kamen. Die einzige Brücke im Wiener Raum über den Hauptarm der Donau, die große Holzbrücke zwischen Brigittenau und Floridsdorf, war von den Österreichern zerstört worden. Als günstige Möglichkeit für eine Pontonbrücke bot sich die Donau bei Ebersdorf an, wo eine große Insel, Lobau genannt, den Strom teilte. So sammelte Napoleon seine Truppen im Raum zwischen Simmering und Mannswörth. Ab Mitte Mai standen hier 60 000 Mann. Sie plünderten die Dörfer völlig aus. Nicht nur Lebensmittelvorräte wurden enteignet, sondern auch alles, was sich als Brennholz verwenden ließ, Türen, Fenster und Möbel, dazu natürlich Geld, Schmuck, Schuhe, Wäsche – und was halt Soldaten, für die es in jenen Zeiten keine organisierte Versorgung gab, brauchen konnte. Nicht nur die Bauernhäuser wurden geplündert, sondern auch die Kirchen und Gewerbebetriebe. Dabei kam es auch zu Gewalttaten.

Am 21. Mai befahl Napoleon, die Donau zu überqueren. Der Wasserstand war hoch, die Strömung war stärker als erwartet. Immer wieder wurde die Pontonbrücke unterbrochen und mußte mühsam wiederhergestellt werden. Boote mit Soldaten wurden abgetrieben. Als um 13 Uhr die Schlacht begann, waren nicht einmal 40 000 Franzosen im Kampfgebiet in Asparn, denen nahezu 100 000 Österreicher gegenüberstanden. Die österreichische Artillerie war um das mehrfache überlegen. So war von vornherein der Schlachtverlauf einseitig. Auch als am nächsten Tag Napoleons Streitmacht auf etwa 77 000 Mann anwuchs, blieben die Österreicher zahlenmäßig weit überlegen. Ihren 288 Kanonen hatten die Franzosen noch immer erst 152 Kanonen entgegenzusetzen. Während der äußerst brutal geführten Kämpfe sind auf beiden Seiten je 20 000 Mann gestorben. Am Abend des 22. Mai entschloss sich Napoleon zum Rückzug. Er hatte erstmals eine Schlacht verloren. Erzherzog Karl wurde als „ Sieger von Asparn „ glorifiziert. Er konnte allerdings den damit errungenen Ruf eines genialen Feldherrn nie mehr bestätigen.

Wenige Wochen nach der Schlacht bei Aspern griff Napoleon das österreichische Heer neuerlich an. Diesmal wurde der Transport über die Donau bei Ebersdorf besser vorbereitet. In der Nacht zum 5. Juli 1809 überquerten 180 000 Franzosen die Donau und griffen danach die 120 000 Österreicher an. Deutsch Wagram war das Zentrum der Schlacht. Diesmal war das Kräfteverhältnis umgekehrt – und demnach auch das Ergebnis. Erzherzog Karl befahl den Rückzug nach Znaim. Das rasche Ende der Schlacht hatte zur Folge, daß die Zahl der Opfer diesmal viel geringer war. Sie lag bei etwa 6 000 Mann auf jeder Seite.

Für Simmering und Ebersdorf war die Zeit der harten Besetzung vorbei. Es blieben nur ein paar Soldaten in den Dörfern, die natürlich weiter versorgt werden mussten. Es gab dafür genaue Befehle. In der Früh musste jeder Soldat reichlich Brot für den ganzen Tag, dazu Käse und ein Glas Brandwein bekommen, zu Mittag eine warme Mahlzeit mit Suppe, einem halben Pfund (28 dag) Fleisch und Beilagen, abends ein Maß (1,4 Liter) Bier oder ½ Maß (0,7 Liter) Wein.

Mitte November zogen die fremden Truppen endlich ab. Die völlig ausgeplünderten und verarmten Menschen konnten beginnen, ihre Häuser zu restaurieren. Ein harter Winter ohne Vorräte stand ihnen noch bevor. Erst nach der nächsten Ernte hatten sie die Chance, wieder ein halbwegs normales Leben zu führen.

Kaiserebersdorf

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Das springende Einhorn, das Wappentier der Grundherrschaft der Ebersdorfer, findet sich heute noch am kreuzrippengewölbten Vorhalle, unter der Orgel, in der Pfarrkirche St. Peter und Paul. Sie war die einstige Patronatskirche dieses Ministerialengeschlechtes unter den Babenbergern und später den Habsburgern, denen es als Erbkämmerer (Finanzminister) diente. Nach der Beseitigung der mittelalterlichen Strukturen zierte das Wappen das Gemeindesiegel der seit 1850 bestehenden Gemeinde Kaiser – Ebersdorf. Im dreiteiligen Bezirkswappen steht es für diesen Bezirksteil. Es ist auch das Emblem des Kaiser Ebersdorfer Kulturvereins.

Geschichte: Durch die Wahl als Wohnsitz durch Konrad von Hintperg ( Himberg ), der nach einem Güteraustausch mit den Landesfürsten anno 1243 die Burg seiner Väter verlassen musste, trat der Ort aus dem dunklen Schatten seiner Vergangenheit. Die nunmehrigen Herren von Ebersdorf werden in Urkunden als Erbkämmerer des Reiches und gar oft unter den Räten genannt, die in allen Dingen zur Wohlfahrt des Landes gehört wurden.

SIMMERING IM MITTELALTER

Die Herren von Ebersdorf und der Jude Lebmann.

Simmeringer Museumsblätter Heft 58/Dezember 1998 – Sabine HÖDL / Tina WALZER.

Simmering und Ebersdorf

Die erste Nennung eines Simmeringer Herrengeschlechtes stammt aus dem Jahre 1130. Die Familie gehörte zum unfreien Ritterstand, verfügte über nur wenige Güter und ist urkundlich bis zum Jahr 1400 nachweisbar. Bedeutender als die Simmeringer waren die Ebersdorfer. Es handelt sich um die mittelalterlichen Grundbesitzer des späteren Kaiser Ebersdorf, das heute ein Teil des Wiener 11. Bezirkes Simmering ist.

Ebersdorf wird zu Beginn des 12. Jahrhunderts erstmals schriftlich genannt. Schon in dieser Zeit befand es sich in den Händen der Herren von Himberg, den Vorfahren der späteren Herren von Ebersdorf. Diese Familie behielt ihre Macht bis Ende des 14. Jahrhunderts, als der ungarische König Matthias Corvinus auch das Schloss Ebersdorf belagerte. Auf die Herrschaft der Ungarnkönigs folgte jene Maximilians I., der Ebersdorf als Jagdgebiet zu besitzen wünschte und die Familie der Ebersdorfer zu einem Tausch der Ländereien drängte. So wurde Ebersdorf kaiserlicher Besitz, während das dazugehörige Herrengeschlecht nach Ernstbrunn übersiedelte. Damit verloren die Herren von Ebersdorf ihre politische Bedeutung, die Familie starb kurz darauf aus. Die nunmehr Kaiser Ebersdorf genannte Siedlung wurde am 21. 12. 1891 nach Wien eingemeindet und stellt seit damals einen Teil des Stadtbezirkes Simmering dar.

Die Herren von Ebersdorf als prominente Adelige

Im Laufe des Mittelalters gingen große Wandlungen im sozialen Verhältnis der einzelnen gesellschaftlichen Gruppen zueinander vonstatten. So gelang es auch einigen ursprünglich unfreien, unbedeutenden Familien, zur neuen Schicht des Dienstadels – der Ministerialität – aufzusteigen. Dieser Dienstadel stellte dann die breite Führungsschicht an der Stelle des Landesherrn dar. Reinprecht und Kalhoch I. von Ebersdorf zum Beispiel gehörten den Rat Albrechts I. an, den dessen Vater Rudolf von Habsburg ihm als Verwaltungsinstanz für Österreich und Steiermark beigegeben hatte. Die Ebersdorfer sind in dieser Hinsicht in einer Reihe mit den Kuenringern und den Maissauern in Niederösterreich, den Wallseern in Oberösterreich oder den Kärntner Auffensteinern zu sehen – alles Familien, die von den Habsburgern gleich zu Beginn ihrer Herrschaft in Österreich favorisiert wurden, um den alten hochfreien Adel die Machtbasis zu entziehen. Diese „ministeriales austriae“ nahmen schnell den Titel „Herr“ an, mit dem Recht verbunden war, Lehensleute zu haben. Die Ebersdorfer trugen diesen Titel seit 1292.

Zur Familie der Ebersdorfer

Die Herren von Ebersdorf gehören also zu den ministeriales austriae, das heißt, zum österreichischen Landesherrenstand. Ihr Stammvater, Marquard I. von Himberg, gehörte zu den Ministerialien des Babenberger Markgrafen Leopold III. Später teilte sich die Familie zwischen zwei Brüdern: Ulrich wurde der Gründer der Pillichsdorfer, Konrad jener der Ebersdorfer Linie. Ursache für die Spaltung der Familie war die Erbschaftsregelung nach Marquard II. von Himberg. In der Folge die Stammburg Himberg am 18. Jänner 1243 an Herzog Friedrich II. verkauft, der restliche Himberger Besitz zwischen den gleichberechtigten Erben geteilt. Zu den wichtigsten Mitgliedern der Familie der Ebersdorfer im 13. und 14. Jahrhundert gehörten neben Konrad I. von Himberg – Ebersdorf, dem Begründer der jüngeren Linie der Ebersdorfer, seine Söhne Kalhoch I., Reinprecht I. und Konrad II. (er war Bischof von Chiemsee) sowie Enkel Rudolf und Reinprecht III.

Die Besitzverhältnisse

Die Ebersdorfer erweiterten im Laufe der Zeit ganz gezielt ihren Besitz. 1292 erwarben sie von den Watensteinern das Alberner Urfahr, also eine Furt, die es ermöglichte, die Donau zu überqueren. Wenig später gelang es ihnen, den Turm von Poigen, den die Ebersdorfer ursprünglich als freies Eigen besessen hatten, der im Zuge der Aufstände der österreichischen Landherren gegen die Habsburger aber in ein Lehen verwandelt worden war, zurückzukaufen. 1318 übernahm sie die Feste Parz von Heinrich von Schwechat. Die beiden letztgenannten Erwerbungen waren von größtem strategischem Wert, bildeten sie doch im Verband mit der Feste Ebersdorf ein Burgdreieck, das es erlaubte, die gesamte Ebene zu sperren. Außerdem mussten diese eigenen Burgen dem Landesherrn nicht geöffnet werden.

Zusätzlich war man darauf bedacht, die Besitzungen um diese machtpolitisch wichtigen Punkte auszudehnen und damit die eigene Herrschaft zu festigen. Ab der Mitte des 14. Jahrhunderts etwa wurden sukzessive drei Viertel des Dorfes Mannswörth erworben; weiters bestand Urbarbesitz beispielweise in Oberlaa. 1376 wurde ein Hof in Simmering erworben, bald darauf mehrere Weingärten am Südostabhang des Wienerberges. In Zusammenhang damit sind auch die Bemühungen um einen Ausbau der rechtlichen Befugnisse – etwa den Wildbann, die Fischweide oder die Blutgerichtsbarkeit – zu sehen.

Investitionskredite beim Wiener Juden Lebmann

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Die geschäftlichen Aktivitäten des Kalhoch von Ebersdorf sind vor allem in einer Zahl von Verträgen mit den Wiener Juden Lebmann zwischen 1301 und 1308 nachvollziehbar. Lebmann fungierte als Financier der Ebersdorfer. Immer wieder wurde Kalhoch der Schuldner Lebmanns, wobei es sich hier interessanterweise nicht um Anleihen aus Geldnot, sondern eindeutig um Investitionskredite handelte. Dies steht in Zusammenhang mit der weiter oben geschilderten Besitzerweiterungsstrategie der Ebersdorfer, denn Kalhoch verwendete das Geld, um weitere Grundstücke zu erwerben. Sein Sohn Rudolf setzte diese Machtpolitik fort – Zeugnisse dafür sind Urkunden zwischen ihm und Lebmann von 1307 bis 1315.

Lösegeld nach einer Schlacht

Einen Sonderfall stellt die Urkunde von 1315 dar. Hier war der Bargeldbedarf aufgrund eines ganz anderen Ereignisses gegeben: In der Schlacht bei Gammelsdorf 1313 war das österreichische Ritterheer  unter Führung des Marschalls Dietrich von Pillichsdorf gefangengenommen worden. Die Gefangenen hatten hohes Lösegeld zu bezahlen. Im Falle des gefangengenommenen Rudolf von Ebersdorf musste sein Verwandter, Marquard von Mistelbach, in dessen Namen Ebersdorfer Einkünfte bei Lebmann versetzen, um ihn auszulösen.

Die Verpfändung des Kämmereramtes

Das Kämmereramt war ein nach dem Muster des Königshofes vergebenes Amt am Hof des österreichischen Herzogs. Anfänglich wurde das Amt vom Landesfürsten in freier Wahl besetzt, doch kam es bald zur erheblichen Belehnungen. Ein Adeliger aus dem Umfeld des Herzogs wurde zum Oberkämmerer ernannt und musste als Lehensinhaber dem Herzog eine gewisse Summe entrichten, d.h., dass das herzogliche Amt im Grunde erkauft wurde. „Der oberste Kämmerer hatte gewisse Aufsichtsrechte über die Wiener Münzstätte, bezog Einnahmen einiger landesfürstlicher Güter bzw. von Märkten und war (….) Stellvertreter des Herzogs hinsichtlich der Gerichtsbarkeit über die Juden“. Durch diese Zuständigkeit wurden die Juden zu einem Teil des herzoglichen Kammerguts.

Kalhoch I. von Ebersdorf war ab Februar 1298 Kämmerer von Österreich; sein Vater, Konrad I. von Himberg- Ebersdorf, war seit 1.7.1242 Oberstkämmerer gewesen; 1286 war Reinprecht I. von Ebersdorf Kämmerer von Österreich geworden.

Kalhoch I. kaufte das Amt um 2000 Pfund Wiener Münze 1298 und wurde damit von Albrecht I. belehnt. Um die Jahre 1307-1308 dürfte sein Sohn Rudolf das Kämmereramt übernommen haben. Zeitweise wurde es auch schon in dieser frühen Zeit von seinem Bruder Reinprecht III. von Ebersdorf ausgeübt, der es 1326 und dann 1332 bis 1336 besaß. Insgesamt hatten die Ebersdorfer das Kämmereramt bis 1556 inne.

Kalhoch von Ebersdorf verpfändete 1305 das Amt des obersten Kämmerers Österreichs an Lebmann. Die Verpfändung dieses Amtes an einen Juden hatte umfangreiche Auswirkungen. Lebmann sollte sieben Jahre lang als Stellvertreter des Herzogs die richterliche Gewalt über die Juden ausüben. Damit hatte er nicht nur eine wesentliche innerjüdische Funktion inne, sondern bekleidete ein wichtiges Amt gegenüber der jüdischen Gemeinde. Für Lebmann traten die finanziellen Aspekte dieses Geschäfts mit Sicherheit in den Hintergrund, denn seine so erworbene Podition sicherte der Judenschaft des Herzogstums ein hohes Maß an Unanhängigkeit und gab Schutz vor willkürlichen richterlichen Entscheidungen. Die Kämmererfunktion als Schutzherr über die Juden in Stellvertretung des Herzogs konnte Lebmann jedoch nicht ausüben, da dies die Prinzipien des Verhältnisses zwischen den Juden und den landesfürstlichen Beauftragten verändert hätte. Somit wurde diese Funktion an den Grafen Berthold von Hardegg übergeben.

Rechtsnachfolger von Lebmanns Tod war Dietrich von Pillichsdorf.

Sigmundt

Seite.: 190t

Grabepitaph des letzten Ebersdorfers Sigmundt (gest. 3. Oktober 1556) in der Pfarrkirche von Ernstbrunn – NÖ:

22a-545bb=08-I-CD-co    Pfarrkirche von Ernstbrunn, Ansicht
22a-545bd=08-I-CD-co    Marienaltar, rechts Grabepitaph von Sigmundt (Hochformat)
22a-545bfa=08-I-CD-co   Grabepitaph von Sigmundt, Ansicht
22a-545bfd=08-I-CD-co   Grabepitaph von Sigmundt, Detail (Hochformat)
22a-545bfg=08-I-CD-sw   Grabepitaph von Sigmundt, Detail (Hochformat)
22a-545bgd=08-I-CD-sw  Gibel vom Grabepitaph, mit Schriftzug

Text: Anno 1556. den 3. tag October ist in Gott zu Prellnkirchen Entschlaffen der Wolgeborn herr. Herr Sigmundt Graff zu Tierstain und Herr von Eberstorff zu Ernstbrunn: Obrister Erbhamerer zu Österreich: der letzt dises Namens unnd Stamen Deßen Leib ligtt hie Begraben der Selle Gott Genadt

Zur Geschichte des Wiener Juden Lebmann

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Der Wiener Jude Lebmann wird erstmals 1295 urkundlich erwähnt. Es ist nicht bekannt, wann er nach Wien eingewandert ist. Sehr bald gehörte er zur Führungsschicht der damals kleinen Wiener jüdischer Gemeinden an, möglicherweise war er sogar einer der Gemeindevorsteher (Parnaß). Zumindest war er aber der Besitzer eines Bades, genannt die „Wunderburch“, das er möglicherweise sogar in einer Gemeindefunktion verwaltete. Der mit seinem hebräischen Namen Marlevi ha-Kohen genannte Lebmann hatte in Vergleich zu anderen Gemeindemitgliedern vermehrt finanzielle Möglichkeiten, was nicht nur aus der Anzahl der erhaltenen Urkunden, die ihn und seine Familie betreffen, hervorgeht, sondern auch aus der Bedeutung der Schuldner und der Höhe der gewährten Darlehen bzw. der als Sicherheit gegebenen Pfänder. Lebmann lebte im Bereich der mittelalterlichen Judenstadt, die rund um den heutigen Wiener Judenplatz lag und deren Zentrum die seit 1995 ergrabene Synagoge darstellt. Lebmanns Familie, die in zahlreichen Urkunden erwähnt wird, war groß. Gemeinsam mit seiner Frau Weichsel, die auch häufig zusammen mit ihm bei verschiedenen Geschäften auftritt, hatte Lebmann fünf Töchter – Schönfrau, Golde, Taube, Symichel und Leuphilt – und sechs Söhne – Gutman, Kalman, Judel, Josel, Mordon und Harsel. Nach seinem Tod 1314 treten vorrangig die Kinder der beiden in verschiedenen Zusammenhängen auf. Lebmanns Sohn Gutmann, hebräisch Nissim, führte nach dem Tod seines Vaters die Geschäfte weiter, Gutmans Erben werden als Besitzer des Bades noch in späterer Zeit genannt. Labmann war beruflich als Geldleiher tätig, so wie die meisten anderen mittelalterlichen Juden. Diese Tätigkeit war nicht eine von Anfang an selbst gewählte, doch waren die Juden im Verlauf der Hochmittelalters aus den meisten anderen Berufen verdrängt worden. Als Nichtchristen stand ihnen der nach kanonischem Recht für Christen verbotene Geldverleih offen. Das machte die Juden bei der christlichen Umwelt, die auf diese berufliche Funktion angewiesen war, nicht beliebt, doch sicherte diese Art von Geschäften den Juden ihre Existenz. Nicht nur, dass sie damit das Geld für das alltägliche Überleben erzielten, sondern sie waren durch diese Tätigkeit lange Zeit für die Gesellschaft und vor allem für den Adel und den Herzog des Landes unentbehrlich. Zu den Schuldnern Lebmanns gehörten neben den Ebersdorfern auch andere Adelige des Herzogtums.